Die am 12. Mai 1861 gegründete Volksturngemeinde Heiligenstadt trug sich bereits früh mit dem Gedanken "im Interesse des allgemeinen Wohles der Bürger in der Volksturngemeinde eine sogenannte 'Feuerwehr' zu gründen." Der Gemeindewart (Vorsitzende) Stoll hatte 1862 damit begonnen, die Turner und den Magistrat der Stadt mit diesem Vorhaben vertraut zu machen. Während die Turner eifrig bemüht waren, Fertigkeiten zu erlangen, um bei einem Brand in jeder Beziehung helfend eingreifen zu können, zeigte der Magistrat wenig Interesse an einer Turnerfeuerwehr. Die Heiligenstädter Turngemeinde suchte unterdessen Kontakt zur Turnerfeuerwehr Mühlhausen. Am 29. November 1863 wohnten Gemeindewart Stoll und Turnwart Gaßmann einer Übung aller Abteilungen der Mühlhäuser Feuerwehr bei. Bestärkt durch die hierbei gesammelten Erfahrungen, wurde die Bildung einer Turnerfeuerwehr durch Stoll und Gaßmann weiter vorangetrieben.
Am 22. März 1864 kam es schließlich zur Gründung der Turnerfeuerwehr, welche aus einer Lösch- und einer Rettungsmannschaft bestehen sollte. Die Löschmannschaft, welche die Stadtspritze Nr. 4 zu bedienen hatte, war schnell organisiert. Zur Ausrüstung der Rettungsmannschaft fehlten jedoch die Geldmittel. Weil der Magistrat sich außer Stande sah, diese aufzubringen, waren die Turner auf Spenden der Bürger und Zuwendungen von Feuer-Versicherungs-Gesellschaften angewiesen. Im August 1864 war die Finanzierung dann gesichert und die Feuerwehrleute kamen in Besitz der notwendigen Ausrüstung. Von diesem Zeitpunkt an wirkte auch die Rettungsmannschaft.
Erlass einer Feuerordnung für den Gemeindebezirk Heiligenstadt. Neben Vorschriften zur Verhütung des Feuers und zum Verhalten bei Feuersbrünsten enthält diese im Anhang erstmals Voschriften über die Freiwillige Feuerwehr. Danach wurde die Turnerfeuerwehr unter Oberleitung des städtischen Feuer-Comissars gestellt, dessen Anordnungen die Mitglieder zu befolgen hatten. Außerdem verpflichtete sich der Magistrat für die Instandhaltung der zugewiesenen Spritze zu sorgen.
Am 1. August 1890 gehörten der neu gebildeten Feuerwehr 30 Mann an, darunter sechs Oberfeuermänner und 24 Feuermänner. Dies belegt das "Protokollbuch der Feuermänner, welche 1890 im Juli uniformiert wurden und den Dienst des Feuerlöschwesens neben der Freiwilligen [Turner]-Feuerwehr übernahmen, da die Freiwillige Feuerwehr in ihrer Stärke nicht in der Lage war, sämtliche Brände bekämpfen zu können."
Hintergrund für die Gründung dürfte die im Jahr 1890 durch den damaligen Landrat von Hanstein veranlasste Neuorganisation des Feuerlöschwesens im Landkreis Heiligenstadt sein. Danach erhielt jede Gemeinde und Stadt einen Brandmeister und je nach Zahl ihrer Geräte Feuermänner, welche sich in Heiligenstadt zur Pflege der Kameradschaft zu einem Verein zusammenschlossen.
Die Leitung der Feuerwehr lag bis 1916 in den Händen von Ortsbrandmeister Philipp Roßi, der gleichzeitig als Kreisbrandmeister wirkte. Als solcher war er für Schulung, Feuerlöschgeräte und die technische Leitung bei Großeinsätzen verantwortlich.
Aus dem Überschuss ihres 40-jährigen Stiftungsfestes beschaffte die Turnerfeuerwehr einen Hydrantenwagen. Ausgerüstet war dieser mit 10 C-Schläuchen, Standrohr, Verteiler und drei Strahlrohren. Notwendig wurde die Investition, da die Stadtspritze Nr. 4 ausrangiert werden musste. Durch den im Vorjahr begonnen Bau der Wasserleitung verbesserten sich die Möglichkeiten der Brandbekämpfung. Das Löschwasser konnte nun direkt aus Hydranten entnommen werden. Mit der Größe der Stadt sollte in den folgenden Jahrzehnten auch die Zahl der Hydranten wachsen.
Die Polizeibehörde ordnete die Bildung einer Pflichtfeuerwehr an. In der Begründung hierzu hieß es: "Die hiesige freiwillige Feuerwehr zählt durchschnittlich nur etwa 50 Mitglieder und reicht daher zur Bekämpfung des Feuers namentlich bei größeren Bränden nicht aus." Zum Dienst in der Wehr wurden bis auf weiteres nur männliche Einwohner vom 24. bis 40. Lebensjahr herangezogen. Außer den im Statut gedachten Befreiungen konnte der Magistrat sonstige Befreiungen bewilligen. In diesem Fall hatten die Befreiten jährlich eine Zahlung von 5 Mark an die Kämmereikasse zu leisten.
Plötzlich einsetzendes Tauwetter verbunden mit anhaltendem Regen ließ die Leine über ihre Ufer treten und überflutete weite Teile der Stadt. Um 2 Uhr nachts wurde die Feuerwehr alarmiert und war bis zum 10. Februar im Einsatz. Da Brandmeister Roßi durch Krankheit verhindert war, leitete Bernhard Richardt mit Oberfeuermann Baumbach die Arbeiten, bei denen die Feuerwehren durch 80 Einwohner verstärkt wurden. Unter anderem musste eine Notbrücke errichtet werden, weil die Wassermassen die Brücke am Göttinger Tor stark beschädigt hatten.
Nach einigen Besprechungen mit dem Magistrat der Stadt wurde in der Gaststätte "Börse" unter Beteiligung des Vorstandes die Auflösung der Turnerfeuerwehr beschlossen. Sämtliche im Besitz der Turngemeinde befindlichen Feuerwehr-Utensilien sollten zum Preis von 155 Mark an die Stadt verkauft werden. Dem Auflösungsbeschluss stimmte die Generalversammlung am 8. Juli 1910 zu. Damit galt die Turnerfeuerwehr, die 46 Jahre lang zum Wohle der Bürger unserer Stadt gewirkt und viele Opfer gebracht hatte, vom 1. Juli 1910 an als aufgelöst. Von der nun nicht mehr existierenden Turnerfeuerwehr traten 20 Männer in die Freiwillige Feuerwehr der Stadt ein, in der jetzt insgesamt 50 Männer ihren Dienst versahen.