164 Einsatzkräfte bei Großübung

Schreckensminuten gestern Abend gegen 19.15 Uhr in der Villa Lampe in Heiligenstadt. Im Jugendhaus brennt es, Decken sollen eingestürzt, Jugendliche unter Eisenträgern und Betonteilen eingeklemmt sein. Eine Menschentraube hat sich vor dem Gebäude am Kasseler Tor gebildet. Der sonst um diese Zeit stille Platz vor der Villa ist bevölkert von Feuerwehrleuten und ihrer Technik. Die Drehleiter ist ausgefahren, dutzende Schläuche sind ausgerollt, das THW Heiligenstadt mit schwerer Technik zur Stelle. Aus dem Eingang im Erdgeschoss dringt Qualm ins Freie. "Wir wissen nicht wie viele es sind, aber es müssen sich mehrere Jugendliche, wahrscheinlich verletzt, noch in dem Gebäude aufhalten. Brandursache noch unklar!", klären Einsatzleiter Ronald Wenisch, Wehrführer der Freiwilligen Feuerwehr Heiligenstadt, Christian Wallbraun, Leiter des Technischen Hilfswerkes (THW) Heiligenstadt, Frank Grünbeck, der leitende Notarzt vom Landkreis Eichsfeld die Lage. Die Feuerwehr und der Rettungsdienst Heiligenstadt waren zeitgleich von der Rettungsleitstelle des Landkreises kurz nach 19 Uhr alarmiert worden. Die restlichen Kräfte der Feuerwehren der Ortsteile sowie Uder, DRK und THW ließ Einsatzleiter Ronald Wenisch kurz nach der Ankunft an der Einsatzstelle nachalarmieren. Thomas Kewitz von der Villa hatte Alarm geschlagen: Nach einer Disco im Mehrzweckraum im Keller des Hauses sei es zu einer Explosion gekommen.

 

In wenigen Minuten hat sich das Leitungsteam eine erste Übersicht verschafft, soweit überhaupt möglich, und den Einsatzstab vor Ort gebildet. Unterdessen laufen die Lösch- und Rettungsarbeiten an. Ein Großteil der Discobesucher hatte sich ins Freie retten können. Doch wer ist noch im Gebäude? Villa-Leiter Thomas Holzborn, Bruder Kewitz und Jugendliche nennen und rufen nach Namen. Bald steht fest: 21 Jugendliche müssten im Haus sein. Einen Toten, neun Schwer- und elf Leichtverletzte sind später zu beklagen. Mit jeder Minute wächst die Angst um die Vermissten. Eine junge Frau wird mit Gewalt zurückgehalten. Sie will zurück ins Gebäude, nach ihrem Freund suchen.

 


Längst gesperrt ist der Holzweg. DRK-Kräfte bauen Zelte zur medizinischen Erst- und Notfallversorgung von Verletzten auf. Von denen werden die ersten gegen 19.30 Uhr aus der Villa getragen - zur Erstversorgung im Zelt und später in bereitstehenden Rettungsfahrzeugen in das Vincenzkrankenhaus gefahren. Den in diesem Zusammenhang teste das Eichsfeldklinikum seinen hauseigenen Katastrophenschutzplan. Dafür wurden zusätzlich zu den sechs diensthabenden Ärzten und mehreren Pfelgekräften zehn weitere Ärzte sowie zehn zusätzliche Pflegekräfte eingesetzt. Durchgespielt wurde die Behandlung der Verletzten von der Notaufnahme bis hin zur Verteilung auf die Stationen.  Die Anspannung steht allen ins Gesicht geschrieben, aber auch die Erleichterung, dass dies alles nur eine Übung ist. Dennoch sind die über 160 Einsatzkräfte höchst konzentriert bei der Sache. Während die Feuerwehren Heiligenstadt und Uder gegen die fiktiven Flammen ankämpfen, vermisste Personen durch den Haupteingang ins Freie bringen, sichern Frauen und Männer vom THW das Treppenhaus von der Rückseite. Einsturzgefahr herrscht nach der Explosion. Stützen werden angebracht, um den Zugang der Rettungs- und Hilfskräfte zu ermöglichen. Gegen 20 Uhr können über die Rückseite Feuerwehrleute in das Gebäude. Der Sanitätsdienst und der Technische Dienst vom DRK Eichsfeld nehmen Verletzte in Empfang, legen Verbände an, machen sie transportbereit zur Verlegung ins Krankenhaus. Ein Wettlauf mit der Zeit. Gegen 21.30 Uhr Aufatmen: Alle Vermissten sind aus dem Gebäude gerettet. Hierzu kamen 22 Atemschutzgeräteträger zum Einsatz.

 

Die bisher größte Übung ihrer Art in der Kreisstadt und im Eichsfeld dauerte über drei Stunden. "Über 30 Fahrzeuge der verschiedenen Organisationen mussten koordiniert und die dazugehörigen Mannschaften eingeteilt werden", so Wenisch, der sich sehr zufrieden mit dem Zusammenspiel der Einsatzkräfte zeigte. Eine simulierte Katastrophe, die allen Beteiligten alles ab gefordert habe, dankt er seinen Feuerwehrleuten, aber ganz besonders den Einsatzkräften des THW, der Ortsteil-Feuerwehren, der Feuerwehr Uder, des DRK-Kreisverbandes und der Villa Lampe. Vor allem habe die Übung auch gezeigt, worauf es in einem solchen Katastrophenfall besonders ankommt - auf eine gute Kommunikation, Koordination und perfekte Zusammenarbeit der einzelnen Einsatzkräfte. (Heiligenstadt / 26.10.2007)



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